Zusammenfassung
Hintergrund: Der Verlust des Arbeitsplatzes birgt besonders in den neuen Bundesländern für viele
Menschen das Risiko längerfristigen Verbleibs in der Arbeitslosigkeit. Die daraus
resultierenden psychischen, sozialen und physischen Gefährdungen für die Gesundheit
sind erheblich. Diese verschlechtert sich aber nicht notwendigerweise kontinuierlich,
sondern ist vermutlich Wellenbewegungen unterworfen in Abhängigkeit von Phasen von
Erwerbslosigkeit und kurzfristiger Arbeitstätigkeit. Vorgehen: Diese Vermutung wurde in strukturierten Interviews mit 20 Beschäftigten (je zehn
Männer und Frauen) einer Magdeburger ABM-Gesellschaft überprüft. Aus den subjektiv
wahrgenommenen Zusammenhängen zwischen Gesundheit und Erwerbsstatus sollten Determinanten
der Gesundheit und Ansatzpunkte für Gesundheitsförderung angeleitet werden. Ergebnisse: Die Befragten waren im Durchschnitt 55 Jahre alt und mehr als sieben Jahre ohne Arbeit.
Psychosoziale Beschwerden wie Depressionen, Schlafstörungen oder Nervosität stellten
sich nach etwa drei Monaten der Arbeitslosigkeit ein, wurden durch die ABM-Tätigkeit
gemildert, um an deren Ende wieder zuzunehmen. Bei einem Teil der Befragten verbesserte
sich der Gesundheitszustand; dies ist abhängig von der ABM-Dauer und den Arbeitsanforderungen
und -bedingungen. Bei den Befragten überwiegt Perspektivlosigkeit und passives Abfinden
mit der Arbeitslosigkeit. Schlussfolgerungen: Der bekannte Zusammenhang zwischen Arbeitslosigkeit und Gesundheit wurde bestätigt.
Diese Studie erbringt darüber hinaus neue Einblicke in die subjektiven Belastungen
während der ABM-Tätigkeit sowie die psychische Verfassung der Langzeitarbeitslosen.
Als entscheidender Gesundheitsfaktor erwiesen sich deren Zukunftsaussichten. Daraus
lassen sich Ansätze zur Gesundheitsförderung bei Langzeitarbeitslosen innerhalb von
ABM-Gesellschaften und durch andere Institutionen ableiten.
Abstract
Background: Nowadays job loss implies the risk of long-term unemployment particularly in former
East Germany. Many physical, psychological and social problems are associated with
unemployment. However, health of long-term unemployed may not decrease continually,
but may be subject to fluctuations according to different phases of unemployment and
short-term work. Methods: This expectation was examined by structured interviews with long-term unemployed
(10 men and women) working in temporary job-creating-schemes (ABM). We asked for determinants
of health and subjectively perceived associations between health and employment as
well as for conditions of life and work. Results: The employees were on average 55 years old and more than 7 years without work before
joining the ABM. Psychosocial complaints such as depression, sleep disorders or nervousness
appeared after approximately three months of unemployment. Subjective health improved
during job-creating-schemes, depending on specific work conditions, but deteriorate
at its end again. Most of the ABM-employees don’t have any perspective of future employment.
Conclusions: The well-known association between unemployment and health was confirmed. Furthermore,
the study gave new insights into psychological strains of long-term unemployed and
subjective work loads during ABM. Future prospects were proved to be an important
determinant of health (‘lack of perspective is my illness’). From this measures of
health promotion for long-term unemployed within ABM companies and other institutions
can be derived.
Schlüsselwörter
Subjektive Gesundheit - Arbeitslosigkeit - ABM - Gesundheitsförderung
Key words
Subjective health - unemployment - job-creating-schemes - health promotion
Literatur
- 1
Bundesagentur für Arbeit (Hrsg) .
Arbeitsmarkt im Oktober 2004 [zitiert nach Magdeburger Volksstimme vom 4.11.2004],
2004.
- 2 Ministerium für Wirtschaft und Arbeit des Landes Sachsen-Anhalt (Hrsg) .Jahreswirtschaftsbericht
2003 - Fakten und Projekte. Magdeburg; 2003
- 3 Kieselbach T. Arbeitslosigkeit als psychologisches Problem - auf individueller und
gesellschaftlicher Ebene. Montada L Arbeitslosigkeit und soziale Gerechtigkeit Frankfurt/M;
Campus 1994: 233-263
- 4 Grobe T G, Schwartz F W. Arbeitslosigkeit und Gesundheit. (Gesundheitsberichterstattung
des Bundes, Heft 13) Robert Koch-Institut, Berlin: ; 2003
- 5 Elkeles T. Arbeitende und Arbeitslose. Schwartz FW, Badura B, Busse R et al Public
Health - Gesundheit und Gesundheitswesen München, Jena; Urban&Fischer 2003: 653-660
- 6 Harych H, Harych P. Arbeitslosigkeit und gesundheitliche Folgen in Ostdeutschland. Berlin,
Hamburg; Argument-Verlag 1997
- 7
Lauenroth N.
Subjektive Empfindungen von Langzeitarbeitslosen in Sachsen-Anhalt - Über den Zusammenhang
zwischen Arbeit, Arbeitslosigkeit und Gesundheit. Diplomarbeit Hochschule Magdeburg-Stendal,
2004.
- 8
Berth H, Förster P, Brähler E.
Gesundheitsfolgen von Arbeitslosigkeit und Arbeitsplatzunsicherheit bei jungen Erwachsenen.
Gesundheitswesen.
2003;
65
555-560
- 9
Böhm A, Ellsäßer G, Kuhn J. et al .
Soziale Lage und Gesundheit von jungen Menschen im Land Brandenburg.
Gesundheitswesen.
2003;
65
219-225
- 10
Swart E, Mächler H.
Verbessert sich der Gesundheitszustand nach Wiederaufnahme einer ABM-Tätigkeit?.
Gesundheitswesen.
2000;
62
335-341
- 11 Jahoda M, Lazarsfeld P F, Zeisel H. Die Arbeitslosen vom Marienthal. Frankfurt;
Suhrkamp 1975
- 12 Elkeles T. Arbeitslosigkeit und Gesundheitszustand. Mielck A, Bloomfield K Sozial-Epidemiologie
- Eine Einführung in die Grundlagen, Ergebnisse und Umsetzungsmöglichkeiten Weinheim
und München; Juventa 2001: 71-82
- 13 Antonovski A. Health, Stress, and Coping. San Francisco, London; Jossey-Bass 1979
- 14 Brendler C, Geene R. (Hrsg) .Menschen in schwierigen Lebenslagen: Arbeitslosigkeit,
Wohnungslosigkeit und Sozialhilfe, Armut trotz Krankheit. b_books (Armut und Gesundheit,
Themenheft 4, Hrsg. von Gesundheit Berlin e. V.) Berlin, 2003;
- 15
Trojan A.
Soziale Stadtentwicklung und Armutsbekämpfung als Gesundheitsförderung.
Gesundheitswesen.
2001;
63
43-47
- 16
Slesina W.
Stadtentwicklung und Gesundheit.
Gesundheitswesen.
2001;
63
48-51
Dr. Enno Swart
Institut für Sozialmedizin und Gesundheitsökonomie, Medizinische Fakultät der Otto-von-Guericke-Universität
Magdeburg
Leipziger Str. 44
39120 Magdeburg
Email: enno.swart@medizin.uni-magdeburg.de